Martin-Gauger-Preis
 

 

 

Preisträger des Martin-Gauger-Preises 2015

Es sei ein ganz besonderer Tag und ein ganz besonderes Bild, so viele junge Menschen in so alten Gemäuern zu sehen, bemerkte JM Thomas Kutschaty, der am 04.12.2015 im OLG in Düsseldorf die Preistäger des Schülerwettbewerbs auszeichnete.

Die Jury war sich einig, dass jeder der rund 100 Teilnehmer einen Preis verdient gehabt hätte, denn mit ihren Beiträgen zum Thema „Auf der Flucht“ hätten sie großes Engagement gezeigt und einen wichtigen Schritt zur Integration gemacht.

Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen
Thomas Kutschaty

Präsidentin des Oberlandesgerichts Düsseldorf
Anne-José Paulsen

Die in der regen Teilnahme am diesjährigen Wettbewerb zum Ausdruck kommende Aktualität und Bedeutung des Themas griff auch der Vorsitzende des DRB-NRW Christian Friehoff in seinem Grußwort auf. Es sei gut, sich heute, da sich so viele Menschen wie nie zuvor nach dem 2. Weltkrieg auf der Flucht befinden, auf die Rechte von Menschen und den Umgang mit ihnen zu besinnen.

Nicht leichter wurde die Aufgabe dadurch, dass die Beiträge nicht nur inhaltlich, sondern auch in Formen und Formaten sehr vielseitig waren und sich durch Qualität und Kreativität auszeichneten. Besonders berührt hat die Jurymitglieder aber auch das hinter den Arbeiten stehende Mitgefühl. Die Aufgabe sei ans Herz gegangen, habe aber auch große Freude bereitet, sagte Anne-José Paulsen, PrinOLG Düsseldorf und Vorsitzende der Jury, die als Gastgeberin die Schülerinnen herzlich willkommen hieß.

 

Vorsitzender des Deutschen Richterbundes
Christian Friehoff


Flüchtlingsberaterin der Diakonie Düsseldorf
Daniela Bröhl

Die ganze Dimension des Themas wurde in der Ansprache von Daniela Bröhl, Flüchtlingsberaterin bei der Diakonie Düsseldorf, deutlich. Sie bewegte die Anwesenden mit ihrem Bericht zur Situation von Kindern und Jugendlichen auf der Flucht. 51 Prozent der knapp 60 Millionen Menschen, die sich auf der Flucht oder in flüchtlingsähnlichen Situationen befänden, seien jünger als 18 Jahre. Ihnen drohten in den Kriegswirren besondere Gefahren; die auf der Flucht gemachten Erfahrungen hinterließen in ihren Seelen tiefe Verletzungen. Solange der Aufenthalt in Deutschland für die Familien nicht gesichert sei, und sie in Flüchtlingsunterkünften lebten, bleibe gerade bei Kinder und Jugendlichen das Gefühl des Auf-der-Flucht-Seins.

Es fehle ein Rückzugsort, an dem sie ungestört spielen oder sich auf ihre Hausaufgaben konzentrieren könnten. „In der Unterkunft empfinden Sie keine wirkliche Sicherheit“, so Bröhl. Den Kindern und Jugendlichen, die sich am Schülerwettbewerb beteiligt haben, sprach sie großen Respekt für deren Engagement aus. Sie hob hervor, dass einige von ihnen Kinder in Flüchtlingsunterkünften besucht, mit ihnen gesprochen und gespielt haben. Alle hätten sich mit den Fluchthintergründen und den Sorgen der Menschen auf der Flucht auseinandergesetzt und auf eine vielfältige und kreative Weise auf das Thema eingelassen. Dabei hätten sie sich bewusst gemacht, dass es trotz der unterschiedlichen Lebenssituation so viele Gemeinsamkeiten zwischen allen Kindern und Jugendlichen gibt, egal wo sie herkommen. Bröhl betonte, dass die Integration von geflüchteten Kindern und Jugendlichen in Schule und Gesellschaft nur gemeinsam funktioniere. Wenn man aufeinander zugehe und sich gegenseitig mit Anerkennung begegne, könnten alle voneinander lernen. Die jungen Wettbewerbsteilnehmer hätten dazu einen riesengroßen Schritt beigetragen.

Gerhard Gauger

Anschließend sprach der Neffe von Martin Gauger, Gerhard Gauger, über den Namensgeber des Preises und dessen vergebliche Flucht. Durch die Geschichte seines Onkels sei die Befürchtung, auf die Flucht gehen zu müssen, für seine Familie stets ein Thema gewesen, das auch ihn geprägt habe. Weil ein Flüchtling nur wenig mit sich nehmen könne, habe er viele Gedichte auswendig gelernt, damit ihm in dunklen Zeiten etwas bleibe. In der Hoffnung auf hellere Zeiten schloss er daher mit Konrad Ferdinand Meiers Gedicht „Frieden auf Erden“.
Für weitere bewegende „Gänsehaut“-Momente sorgte das Rahmenprogramm der Feierstunde: 17 junge Menschen aus dem Iran und Irak, aus Afghanistan und Syrien, Albanien und Italien, die Tanzgruppe des Jugendmigrationsdienstes der Diakonie Düsseldorf, zeigten innovative und ausdrucksstarke Choreographien, die das Publikum begeisterten. In ihrer tänzerischen Darstellung spiegelten sie die ganze Bandbreite von mit Flucht verbunden Emotionen wie Trauer, Wut, Angst und Verzweiflung, aber auch Hoffnung. Darüber hinaus machten die Jugendlichen Kommunikation zum Thema. Die Auftritte ernteten minutenlangen Beifall und hinterließen einen bleibenden Eindruck.

 

Die Preisträger:

1. Preis:

Jahrgangstufe Q2/12 und Schülerinnen und Schüler der Schülerzeitung des Georg-Büchner Gymnasium Köln

Schülerzeitung „Kiwi“, Textband Heimatpoesie, Filmprojekt

Beispiele hier: Kiwi-Titelblatt Filmsequenz

Aus der Jurybegründung:

Ausgehend von der persönlichen Betroffenheit durch die Unterbringung von Flüchtlingen in der Schulsporthalle haben sich die Schülerinnen und Schüler des Georg-Büchner Gymnasiums Köln dem Wettbewerbsthema auf eine gänzlich andere Art genähert. Unter dem Titel „Heimatpoesie“ haben sie Texte zu Heimatsehnsucht und Heimatverlust zusammengetragen und künstlerisch in Szene gesetzt. In einer Ausgabe der Schulzeitung „Kiwi“, mit einem Textband und mit einer filmischen Einspielung haben sie das Thema multimedial verarbeitet. Die Tiefe der künstlerischen Durchdringung hat die Jury dabei besonders beeindruckt. Die Arbeiten lassen deutlich werden, was der Verlust von Heimat bedeutet. Imponiert hat dabei auch die Bereitschaft der Schülerinnen und Schüler, das Thema aus den unterschiedlichsten Perspektiven zu betrachten und sich beispielsweise auch in die Situation eines betroffenen Grenzschutzbeamten hineinzuversetzen.

 

2. Preis:

Gestaltungstechnische Assistenten des Berufskolleg Rheinbach

Schaubilder und Grafiken

Hier ansehen: Schaubild 1 Schaubild 2 Schaubild 3 Schaubild 4

Aus der Jurybegründung:

Die werdenden Gestaltungstechnischen Assistenten vom Berufskolleg in Rheinbach haben beeindruckende Infografiken zum Wettbewerbsthema erstellt. Auf den großformatigen Plakaten werden zahlreiche Fakten zur aktuellen Flüchtlingssituation in professioneller grafischer Qualität präsentiert. Die Jury hat dabei nicht nur beeindruckt, wie komplexe Zusammenhänge in einfachen Schaubildern verständlich zusammengefasst werden, sondern auch, dass der Wettbewerbsbeitrag über die reine Informationsvermittlung hinaus geht. Denn in den Plakaten werden neben den nüchternen Fakten auch exemplarische Einzelschicksale dargestellt, welche die Situation erst in Gänze begreifbar machen.

 

3. Preis:

Seiteneinsteigerklasse 6d des Städtischen Görres Gymnasium Düsseldorf

Eigene Migrations- und Fluchtgeschichten in Collagen

Ausschnitte aus den Collagen: Seite 1 Seite 2 Seite 3 Seite 4 Seite 5

Aus der Jurybegründung:

Die Schülerinnen und Schüler der Seiteneinsteigerklasse 6d des städtischen Görres-Gymnasiums Düsseldorf haben das Wettbewerbsthema aus dem Blickwinkel der eigenen Biographie bearbeitet. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erzählen in den Collagen ihre jeweilige Migrations- und Fluchtgeschichte selbst und gewähren so den Betrachtern einen Einblick der besonderen Art. Die Jury ist vor allem von dem kreativen und zugleich behutsamen Ansatz beeindruckt. Die einfachen, ohne technische Hilfsmittel gestalteten Collagen lassen die Dramatik der dahinter verborgenen Geschichten erahnen und bewegen daher besonders.

 

4. Platz:

Hauptschule Kogelshäuserstraße, Stolberg

Schülerzeitung „KogelStreetNews“ Ausgabe „KogelStreetNews“ zur Minderheit der Sinti und Roma

(hier Ausschnitte ansehen: Seite 1 Seite 2 Seite 3 Seite 4 Seite 5 Seite 6)

Aus der Jurybegründung:

Die prämierte Ausgabe der „KogelStreetNews“ der Hauptschule Kogelshäuserstraße in Stolberg enthält eine umfassende Recherche zur Minderheit der Sinti und Roma. Die Artikel bestechen durch ihren breit gefächerten Ansatz und die Qualität der Berichterstattung. Damit haben die Redakteurinnen und Redakteure über die aktuelle Situation hinaus geblickt und eine langjährige Flucht- und Verfolgungsproblematik in beeindruckender Tiefe zum Thema gemacht. Die Beiträge thematisieren Vorurteile und entlarven sie als solche. Im Laufe von Recherchen kann Geschichte auch plötzlich aktuell werden. Ein Redakteur stieß auf seine eigenen familiären Wurzeln: seine Urgroßmutter war eine Sintiza. Dadurch, dass dieses komplexe Thema lokal verortet wird, entsteht eine eigene Betroffenheit. Insgesamt versteht die Jury das Heft als einen wertvollen Beitrag zur Lokalgeschichte und wünscht der von der Auflösung bedrohten „KogelStreetNews“ ein langes Weiterbestehen.

 

5. Platz:

Konfirmandengruppe der Waldschule in Hünxe

Projekt „Flüchtlinge – schon in der Bibel unterwegs“

Ausschnitt der Arbeit hier ansehen

Aus der Jurybegründung:

Die Konfirmandengruppe der Waldschule in Hünxe hat sich mit dem Projekt „Flüchtlinge – schon in der Bibel unterwegs“ theoretisch und praktisch mit dem Wettbewerbsthema beschäftigt. Die Schülerinnen und Schüler aus der Förderschule mit dem Schwerpunkt geistige Entwicklung haben in anrührender Weise das biblische Gebot der Nächstenliebe aufgegriffen und sich Gedanken gemacht, was sie in der aktuellen Notsituation beitragen können. Sie haben Geld gesammelt, Lebensmittel eingekauft und für Flüchtlinge verpackt. Besonders beeindruckt hat die Jury, wie die Schülerinnen und Schüler ihre Ängste hinter sich gelassen und die Flüchtlinge in der Unterkunft besucht haben. Sie haben damit Grenzen, die auch in Deutschland existieren, überwunden. Als manchmal selbst marginalisierte Gruppe haben sie den ebenfalls häufig am Rand der Gesellschaft stehenden Flüchtlingen die Hand gereicht.